Unsere Geschichte

Bedeutende Bundesbrüder

Die Geschichte der Burschenschaft Germania

Am 16. November 1850 kamen sechs junge Studenten in Weende bei Göttingen zusammen und gründeten heimlich die Burschenschaft Germania, die bis 1862 die einzige Burschenschaft am Orte bleiben sollte. Im Anschluß daran erfolgte die Beratung über eine Satzung. Zunächst wurde die Frage des Duells und der damit zusammenhängenden Mensur beraten. Am 5. Dezember 1850 kam man überein, die Mensur und das Duell niemals zuzulassen. Die Gründung der Germania wurde von mehreren Mitgliedern der Urburschenschaft begrüßt und einer von ihnen schenkte uns sein Ur-Burschenschafter-Band mit den Worten, daß die Germania das zu verwirklichen suche, was auch die Urburschenschaft gewollt hätte. Dieses Band ziert noch heute den Kneipsaal unseres Hauses.

 

Weitere Unterstützung fand die Burschenschaft Germania durch den alten Ernst Moritz Arndt, der während des ersten Jahrzehnts unserer Burschenschaft mit ihr in Briefwechsel stand und dessen letzter Gruß an die Germania 14 Tage vor seinem Tode geschrieben wurde. Ernst Moritz Arndt ist es gewesen, der 1814 die Gründung von "teutschen Gesellschaften" empfohlen hatte, in denen der vaterländische Einigungsgedanke verwirklicht und die Verantwortung des deutschen Akademikers gegenüber dem gesamten deutschen Volke zur Grundlage des ganzen Verbindungslebens gemacht werden sollte. Als Gegenbewegung gegen den Geist der französischen Revolution und den Geist der Zeit Napoleons mit ihrem seichten Rationalismus und Materialismus hatte die Urburschenschaft einen stark religiösen Einschlag. Besonders deutlich wird dies beim ersten Wartburgfest 1817, das zugleich als 300–Jahr–Feier der Reformation von den Studenten gefeiert wurde.

 

Auf diese Grundfesten besannen sich unsere Gründer, als sie die Germania stifteten. Sie distanzierten sich damit deutlich von der späteren Entwicklung des Verhältnisses vieler Burschenschaften zur Kirche und zum Christentum. Die ablehnende Haltung vieler Burschenschaften zur (Staats-)Kirche läßt sich aus den unter der Leitung des Fürsten Metternich 1819 gefaßten Karlsbader Beschlüssen gegen die nationalen und freiheitlichen Bestrebungen in Deutschland, die zur Überwachung der Universitäten, zur Pressezensur und dem Verbot der Burschenschaften führten erklären, welche oftmals von kirchlichen Würdenträgern unterstützt wurden. Die enge Verbindung von "Thron und Altar" machte die Kirche und das Christentum für die studierende Jugend verdächtig und viele sahen in ihnen die Gegner ihrer freiheitlichen und vaterländischen Bestrebungen.

 

Die Burschenschaft Germania knüpfte bei ihrer Gründung bewußt an die einstigen Ideale und Ziele der Urburschenschaft an. Erleichtert wurde ihr diese Haltung dadurch, daß die Karlsbader Beschlüsse 1848 aufgehoben worden waren.

 

Die Farben Schwarz-Rot-Gold: als Symbol auf dem Hambacher (1832)...   ...und dem Wartburg-Fest(1817).

 

 

 

 

 

 

In Göttingen hatte sich um diese Zeit unter Leitung des Theologen Prof. Dr. Ehrenfeuchters ein Verein für innere Mission gebildet, zu dem unsere Gründer in Kontakt kamen, was dazu führte, daß ein großer Teil von dessen Mitgliedern der Burschenschaft Germania beitrat. So setzte sich die Gründerversammlung aus stark burschenschaftlich und stark christlich geprägten Studenten zusammen, die am 9. August 1851 offiziell die Verbindung als christlich deutsche Burschenschaft gründeten. Als erste Burschenschaft in Göttingen erkoren sie sich den Namen Germania und die Urburschenfarben Schwarz, Rot und Gold. Das erklärte Ziel der jungen Männer war die "Wiedervereinigung des deutschen Volkes zu einem Träger christlichen Sinnes und damit mittelbar die Aufgabe der Herstellung der deutschen Kirche, des deutschen Reiches, deutscher Wissenschaft und Kunst durch den christlichen Geist". Man beschränkte sich bei den neu aufzunehmenden Mitgliedern darauf, daß ehrliche Wollen zu fordern, in unserem Freundeskreis mitzustreben und mitzuarbeiten. Im WS 1902/03 wurde dies so formuliert: "Mit Rücksicht darauf, daß die Studienzeit in hervorragendem Maße eine Zeit der Entwicklung ist, begnügt sich die Burschenschaft bei studierenden Germanen vorauszusetzen die Bereitschaft, sich dem Gemeinschaftsleben als einem auf christlicher Grundlage beruhenden einzugliedern und bei der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit sich den Einfluß des (in keiner Weise dogmatisch gefaßten) Christentums offenzuhalten. [...] Die Verbindung hat es als solche stets durchaus abgelehnt, darüber zu urteilen, ob sich ein Mitglied noch auf dem Boden der christlich – deutschen Grundbestimmtheit befindet". Diese Auffassung führte 1866 auch zum Abbruch des seit 1852 bestehenden Kartells mit dem Wingolfsbund (einem Bund christlicher Verbindungen), der von seinen Mitgliedern das klare Bekenntnis zu Jesus Christus forderte, das die Germanen in dieser Form nicht mittragen wollten.

 

Im Jahre 1893 trat die Germania dann dem 1887 begründeten Schwarzburgbund bei, der in seiner Satzung den Anspruch erhebt, eine Vereinigung von deutschen Studentenverbindungen auf Grundlage des Christentums zu sein. Dieser verlangt von seinen Mitgliedern keine konfessionelle Bindung, aber den Willen, sich mit dem christlichen Glauben auseinanderzusetzen. Eine Forderung aus altem urburschenschaftlichen Erbe.

 

Das 50. Stiftungsfest der Burschenschaft im Jahre 1901. Aufgenommen im Garten des neuen Hauses.

 

Im Sommer 1896 bezog die Germania ihr erstes Haus an der Geismarlandstraße, in dem heute das Kino Lumière untergebracht ist, und erlebte dort eine ihrer Blütezeiten. Nach dem 50. Stiftungsfest 1901 nahm die Zahl der Germanen stetig zu, so daß die Burschenschaft zwischen 1911 und 1914 die personalstärkste Verbindung Göttingens war.

 

Gründungsphilister der Burschenschaft Germania zu Göttingen auf dem 50. Stiftungsfest im Jahre 1901: obere Reihe v.l. W. Rasch, Th. Lohmann; untere Reihe v.l. H. v.Haas; W. Knoke; F. Oltmanns.

Dies führte 1912 dazu, daß man kurzfristig überlegte, die Germania zu teilen und eine weitere Burschenschaft mit Namen Teutonia zu gründen. Diese Pläne wurden auf Einfluß des Philisteriums aber schnell wieder fallengelassen. Bereits seit 1911 bestand der Plan, das Verbindungshaus wegen der stark angewachsenen Personalstärke abzureißen und einen Neubau zu errichten. Dieses Vorhaben wurde in Folge des Ausbruchs des ersten Weltkriegs jedoch nie umgesetzt. Nach dem Ende des Krieges, der über 40 Bundesbrüdern das Leben kostete, war die Germania stark geschrumpft. Auf Grund dieses Umstands beschloß man, das bestehende Haus lediglich durch einen großen neuen Kneipsaalanbau zu vergrößern. Dieses Bauvorhaben konnte pünktlich zum 80. Stiftungsfestes 1931 beendet werden.

 

Nach der "Machtergreifung" durch die Nazis wurde seit 1933 starker Druck von Seiten der Nationalsozialisten auf die Studentenverbindungen ausgeübt, um die Verbindungen nach Führerprinzip gleichzuschalten. Der neu geschaffene Nationalsozialistische deutsche Studentenbund (NSdStB) stellte hierbei zu Beginn nur eine Konkurrenz zu den bestehenden Verbindungen dar, später wurden Eintritt bzw. Anschluß der Verbindungen an den NSdStB jedoch zur Verpflichtung. Da der NSdStB 1935/36 seinerseits die unbedingte Satisfaktion und die Bejahung des Duells festgelegt hatte, war damit eine Vereinbarkeit mit dem nichtschlagenden Prinzip der Germania ausgeschlossen. In einem Schreiben an den Vorsitzenden des NSdStB schreibt die Germania: "Wir haben den Zweikampf abgelehnt aus sittlichen, sozialen und Vernunftgründen. Die sozialen und Vernunftgründe werden eigentlich von den sittlichen Gründen mit erfaßt, denn was unsozial und unvernünftig ist, ist unsittlich. [...] Wieviel wird täglich an jedem Ort beleidigt, auch schwer beleidigt! Ich kann mir nicht denken, daß die Absicht dahin geht, alle diese Beleidigungen mit der Waffe austragen zu lassen! Und dazu die immer sich wiederholende Tatsache, daß der Beleidigte noch dazu im Zweikampf unterliegt. Ich bin überzeugt, daß das Rechtsgefühl unseres Volkes dadurch nicht befriedigt wird. [...]". Folgerichtig fand deshalb am 22. Februar 1936 die Abschlußkneipe der Burschenschaft Germania statt, und einen Tag später wurde, nach Aufnahme der Aktivitas in das Philisterium, die aktive Verbindung suspendiert. Das Verbindungshaus wurde 1937 verkauft, als das Haus zu Gunsten der Hitlerjugend enteignet werden sollte. Der Erlös wurde gespendet.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auch der II. Weltkrieg fordert wiederum über 40 Gefallene aus den Reihen der Germanen. Bereits im Jahre 1950 gelang es dem Philisterium dennoch, wieder eine neue Aktivitas zu schaffen und mit ihr die Tradition der alten Burschenschaft Germania fortzuführen. Bereits ein Jahr später konnte die Germania ihr 100. Stiftungsfest feiern, bei dem auch die Wiedergründung des Schwarzburgbundes erfolgte. Auf Grund der räumlichen Enge in der ersten Nachkriegskonstante wurden relativ bald Überlegungen zum Bau eines neuen Verbindungshauses angestellt, daß anläßlich des 110. Stiftungsfestes 1961 am Otto – Wallach – Weg eingeweiht werden konnte. Im Verlauf des Jahres 1968/69 aber wirkten sich die Studentenunruhen und die mit diesen einhergehenden gesellschaftlichen Umwälzungen auch auf die Germania aus. Es war eine Reihe von Mitgliedern aufgenommen worden, die die überlieferten Ideale und Wertvorstellungen der Burschenschaft Germania nicht mehr teilen mochten und deren Verhalten die Verbindung im Kern bedrohten.

Geschichte der Burschenschaft Germania zu Göttingen Teil IV , (1901 - 1982) herausgegeben anlässlich des 150. Stiftungsfestes.

 

 

Das Philisterium sah sich daher letztlich gezwungen, die Aktivitas im November 1969 aufzulösen und das Haus 1971 zu veräußern. Im Wintersemester 1976/77 gelang dann mit Hilfe einiger Bundesbrüder des Schwarzburgbundes die zweite Neugründung der Aktivitas. Nach einigen Übergangsunterkünften konnte 1981 das heutige Verbindungshaus in der Bühlstraße bezogen werden. Aus heutiger Sicht war die Entscheidung des Philisteriums, die Burschenschaft zu vertagen, zwar folgenschwer für die Germania, aber sie bewahrte uns auch vor der Aufweichung unserer Prinzipien, so daß heute wie vor 150 Jahren der §1 der 1852 beschlossenen Satzung uneingeschränkt Gültigkeit hat: "Die Burschenschaft ist ein Freundschaftsbund christlich-deutscher Studenten zu voller Lebensgemeinschaft für Gegenwart und Zukunft".

 

von Dr. Albert Strohmeyer G! 95

Bedeutende Bundesbrüder der Burschenschaft Germania Göttingen

Theodor Lohmann (1831 - 1905) Mitbegründer der B! Germania. Dr. iur., Ministerialbeamter und bedeutender Sozialreformer. Schuf als Mitarbeiter Bismarcks die Entwürfe des Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes und gilt damit als Vordenker und Fürsprecher des sozialen Rechtsstaats.

Heinrich Leiner (1830 - 1868) Pastor und Begründer der „Ostfriesischen Rettungsanstalt für verwahrloste Kinder“ in Großefehn, dem heutigen Jugendhilfezentrum „Leinerstift“.

August Fick (1833 - 1916) Professor der Philologie an den Universitäten Göttingen und Breslau. Erarbeitete das erste vergleichende Wörterbuch der indogermanischen Sprachen.

Friedrich Ehrenfeuchter (1814 - 1878) Seit 1845 Professor für prakt. Theologie in Göttingen. Mitbegründer des christlichen Missionsvereins Göttingens, einer der beiden Strömungen der Germania. Mitarbeiter an Entwürfen einer Kirchenvorstands- und Synodalverordnung der hannoverschen Landeskirche. Ehrenphilister der B! Germania seit 28.05.1859.

Karl Stadtländer (1844 - 1916) Dr. iur., ab 1877 Mitglied der Bürgerschaft, ab 1890 Senator und von 1912-1915 Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Bremen. Erwarb sich Verdienste um die Gründung der Bremer Lagerhaus-Gesellschaft sowie um den Aufstieg Bremens zum Welthandelsplatz.

Aurel Voss (1845 - 1931) Professor der Mathematik an den Universitäten Darmstadt, Dresden, München und Würzburg. Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und Träger des Bayerischen Maximiliansordens für Wissenschaft und Kunst.

Adalbert Bezzenberger (1851 - 1922) Professor der Philologie an der Universität Königsberg. Legte den Grundstein für die Philologie der baltischen Sprachen.

Walter Friedensburg (1855 - 1938) Dr. theol., Dr. phil., Dr. iur. h.c.; Historiker und Archivar. Zunächst Privatdozent an den Universitäten Marburg und Göttingen, später Leiter des Preußischen Historischen Instituts in Rom. Von 1913-1923 Direktor des Staatsarchivs Magdeburg.

Wilhelm Bousset (1865 - 1920) Professor der Theologie an den Universitäten Göttingen und Gießen. Mitbegründer der sog. Religionsgeschichtlichen Schule, einer Gruppe evangelischer Theologen, die sich um 1890 vorwiegend in Göttingen habilitierten.

Paul Häberlin (1878 - 1960) Professor für Philosophie, Psychologie und Pädagogik an der Universität Basel. Gilt als philosophischer Anthropologe und Vertreter der sog. Existenzphilosophie.

Emil Lueken (1879 - 1961) Dr. iur., Politiker und von 1920-1933 Oberbürgermeister von Kiel. Wurde am 10. März 1933 von der NSDAP aus seinem Amt entfernt. Anschließend Tätigkeit in verschiedenen Unternehmen in Hamburg und Bremen. Nach dem Krieg Mitbegründer der liberalen Bremischen Volkspartei.

Otto Buchinger junior (1913 - 2003) Dr. med., Fastenarzt und Fortentwickler der von seinem Vater Dr. med. Otto Buchinger senior begründeten Lehre vom Heilfasten. Von 1946 bis 1996 Leiter der 1920 gegründeten Klinik für Naturheilverfahren und Ganzheitsmedizin in Bad Pyrmont.

Bekannte Mitglieder des Schwarzburgbundes

Albert Schweitzer (1875 - 1965) Theologe und Pfarrer, Musiker, Philosoph und Arzt. Gründete 1913 im heutigen Gabun das Urwaldkrankenhaus Lambaréné und erhielt 1952 den Friedensnobelpreis.

 

 

- Lebenslauf

- Leben und Werk

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